Jahresbrief 2005

Liebe Mitglieder der Vereinigung der Wunderbaren Medaille!

Jeden  27. des Monats wird für Sie, die Mitglieder unserer Vereinigung, eine hl. Messe gefeiert. Ich durfte das heuer im Oktober in Rom tun und zwar in der gemeinschaftlichen Eucharistiefeier während des 2. internationalen Treffens der weltweiten Vereinigung der Wunderbaren Medaille. Es waren fast 100 Teilnehmer aus mehr als 25 Ländern vertreten, die sich sehr engagiert mit Themen wie „Die Rolle der Laien (der Jugend) in der Vereinigung“ oder „Neue Formen des Apostolates“ beschäftigten. Es wurde in den Gesprächen und Überlegungen aufs neue deutlich, daß die Medaille das mütterliche Geschenk Mariens ist, mit dem sie vor allem die ärmsten ihrer Kinder erreichen will.

Im Jahre 1830, also vor 175  Jahren, hat Maria einer jungen Barmherzigen Schwester, einer Dienerin der Armen, die Mission ihrer Medaille anvertraut. Frankreich litt noch immer an den Folgen der Wirren der Revolution von 1789 und der Napoleonischen Kriege. Es schien bereits wieder aufwärts zu gehen, als Katharina Labouré in ihrer ersten Erscheinung der Gottesmutter vom 18. auf den 19. Juli von Unglück und Unheil aller Art hörte, die über Frankreich und die ganze Welt hereinbrechen werden. Maria fügte dann hinzu: „Aber komm zu den Stufen dieses Altares. Da werden Gnaden für alle Menschen strömen, die mit Vertrauen und Eifer darum bitten.“

Neun Tage später brach in Paris die Julirevolution aus, Kämpfe, gesellschaftliche Unruhen und Angriffe gegen die Kirche blieben nicht nur auf Frankreich beschränkt. Krankheitsepidemien, das Aufkommen der Industrialisierung mit den Folgen der Verelendung breiter Kreise der Bevölkerung, kriegerische Auseinandersetzungen in Europa, all das bildet den traurigen Hintergrund der Mission, mit der Schwester Katharina betraut wurde. Am 27. November 1830 sieht sie bei der gemeinschaftlichen Betrachtung in der Kapelle die seligste Jungfrau, „angetan mit einem weißen Kleid und einem silbrigblauen Mantel und einem Schleier in der Farbe des Morgenrotes. Von ihren Händen gingen ganze Bündel von wunderschön glänzenden Strahlen aus. Sie hörte im selben Augenblick eine Stimme, die sagte:

"Diese Strahlen sind das Symbol für die Gnaden, die ich für die Menschen erwirke."

Rund um das Bild liest sie in Goldbuchstaben die Anrufung:

„0 Maria, ohne Sünde empfangen, bitte für uns, die wir zu dir unsere Zuflucht nehmen."

In einem handschriftlichen Bericht gibt Katharina genau an, was sie dabei empfand:
"Ich weiß mich gar nicht auszudrücken über das, was ich da empfunden und was ich wahrgenommen habe: die Schönheit und der Glanz, die Strah­len (...)"

Ich gieße diese Gnaden aus über die Menschen, die mich darum bitten, hört Katharina. Sie ließ mich verstehen wie angenehm es ist zur selig­sten Jungfrau zu beten und wie freigebig sie gegen die Menschen ist, die zu ihr beten, wel­che Gnaden sie den Menschen gewährt, die sie dar­um bitten und mit welcher Freude sie sie aus­teilt.[1]

Schließlich wendet sich das Bild, Katharina sieht die uns bekannten Darstellungen und die Stimme sagt ihr: „ Laß nach diesem Muster eine Medaille prägen, und die Menschen, die sie tragen und die mit An­dacht dieses kurze Gebet verrichten, werden sich eines besonderen Schutzes der Gottesmutter erfreuen."

Nach Überwindung etlicher Schwierigkeiten konnten Ende Juni 1832 die ersten Medaillen geprägt werden. Katharina war über die Ausführung zwar enttäuscht, aber die ersten Strahlen, die die Medaille verbreitet, beruhigen sie:

„Bei der Wiederkehr der Cholera wurde die Medaille zuerst von den Töchtern der christlichen Liebe in Paris und Umgebung verteilt.    

Die kleine Karoline Nenain (8 Jahre) in der Schule auf dem Platz des Louvre in Paris, Pfarre Saint-Germain-l’Auxerrois, hat als einzige der Klas­se die Medaille nicht getragen, sie war als einzige von der Cholera befallen worden. Die Schwestern ver­schafften ihr die Medaille. Sie war sofort geheilt. Am nächsten Tag schon ging sie wieder in die Schule.

In der Diözese Meaux scheint eine Frau von Mitry hoffnungslos befallen zu sein. Sie ist schwanger. Sie erhält die Medaille und es folgt eine glückli­che Entbindung. Alles bewundert die volle Gesundheit von Mutter und Kind. Im gleichen Dorf ist ein lahmes Kind. Man hatte seinetwegen schon "die berühmtesten Ärzte" konsultiert. Man legte ihm die Medaille auf und begann die Novene. Am ersten Tag schon fing das Kind zu gehen an.

Sehr viel herumgesprochen hat sich die Heilung eines Burschen mit 16 Jahren. Die einen sagten, er sei epileptisch, die andern er sei tollwütig, weil ihn ein Hund gebissen hat (21. Nov. 1832).

Dann gibt es auch schon Bekehrungen: Am 13. Ju­ni 1833 fängt ein Soldat von Alecon wider Erwarten zu beten an, nachdem ihm die Schwestern die Medaille gegeben hatten. Er war ein "Wüterich und Gotteslästerer". Jetzt sieht er mit Heiterkeit den Tod her­ankommen und sagt:

"Was mir jetzt noch Leid verursacht, ist, daß ich so spät geliebt habe und daß ich jetzt noch so wenig liebe."[2]

Seit dem Februar 1834 wurde die Medaille von den Menschen als miraculeuse, als wunderbar oder wundertätig qualifiziert und so genannt. Bis heute ist die Kette der wunderbaren Fügungen, Heilungen und Bekehrungen nicht abgerissen. Schwester Katharina aber bleibt Zeit ihres Lebens im Geist des hl. Vinzenz eine stille und tapfere Dienerin der Armen. In den Wirren der Zeit lebt sie mit umsichtiger Arbeit und innerer Ruhe gleichsam die Botschaft der Medaille, den Beistand Mariens für die bedrängten Mitmenschen, auch vor.

Die Medaille und ihre Botschaft, das heißt Maria selber, das Vertrauen in ihren mütterlichen Beistand, den Menschen, vor allem den von innerer oder äußerer Not bedrängten, zu bringen, das ist die Aufgabe, der sich die weltweite Vereinigung der Wunderbaren Medaille verpflichtet hat und der wir auch in Österreich nachkommen wollen. Ich bin für alles, was hier bereits getan wird aber auch für neue Anregungen sehr dankbar. Das Treffen in Rom hat unseren Blick vor allem in die Zukunft gerichtet, auf die jungen Menschen und die Kinder. Sie sind nach einem Artikel der Kathpress vom 15. 9. 2005 sehr offen für die Medaille. Können wir sie aber auch als zukünftige Apostel der Medaille gewinnen und formen?

Ein solches Unternehmen ist das Werk Gottes und Mariens, das wir nur gemeinsam erbitten und dem wir uns als demütige Werkzeuge zur Verfügung stellen können. Es trifft sich mit dem Wunsch der Gottesmutter an Schwester Katharina die „Marienkinder“ zu gründen. Ohne uns mit einer solchen Gründung vergleichen zu wollen oder sie anzustreben, denke ich an eine besondere Aufmerksamkeit von uns allen für Kinder und Jugendliche um sie mit der Medaille Mariens und ihrer Botschaft vertraut zu machen. Alles weitere wird sich weisen.

Nochmals ein herzliches Vergelt´s Gott für ihr Gebet und ihren Einsatz im Sinne unserer Vereinigung. Es grüßt Sie/Dich, Ihr/Dein

Alexander Jernej CM
 
[1] René Laurentin, Das Leben der hl. Katharina Labouré, Paris 1980. Dieses Buch kann jetzt, wie versprochen, bei mir bestellt werden.
[2] Ebd.